Vielleicht denkst du gerade: „Aber ‚Die unendliche Geschichte‘ von Michael Ende ist weder klein noch unbekannt noch im Selfpublisher-Bereich erschienen!“ und wunderst dich, was sie dann auf diesem Blog zu suchen hat. Ich kann dir sagen, dass ich auch ein bisschen mit mir gehadert habe, ob ein so bekanntes Werk seinen Weg hierher finden sollte. Offensichtlich habe ich mich dafür entschieden – warum das so ist, erfährst du am Ende dieses Blogartikels!
Allgemeine Daten
„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende wurde erstmals 1979 im K.Thienemanns Verlag als Kinderbuch veröffentlicht und wird als Bildungsroman gehandhabt.
Außerdem gibt es sowohl Verfilmungen als auch Ballett- und Opernstücke, Hörbücher und -spiele sowie Umsetzungen im Theater.
Bisher habe ich keine Adaption gesehen (soweit ich mich erinnere), bin darüber aber ganz froh, weil ich den Roman so ohne große Erwartungshaltungen lesen konnte.
Wie „Die unendliche Geschichte“ zu mir fand
Bevor ich im Frühjahr 2019 in die WG zog, habe ich meine jetzige Mitbewohnerin zuhause besucht – schließlich wollten wir ein paar Dinge für den Umzug besprechen und hatten außerdem eine Menge für die Uni zu tun. Und so hin und wieder lernt es sich gemeinsam einfach besser als allein!
Während einer Lern- und Besprechungspause nahm ich dann – wie sollte es auch anders sein – ihr Bücherregal genauer unter die Lupe. Neben Büchern, bei denen ich dank der kyrillischen Schrift gefühlte Ewigkeiten brauchte, um den Titel zu entziffern (und ihn am Ende doch nicht verstand, weil zwei Jahre Russisch dafür schlicht nicht ausreichen), entdeckte ich auch „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende.
Da ich kurz davor „Momo“ gelesen hatte, war ich noch schwer beeindruckt von den Erfahrungen und Weisheiten, die Ende dort hineingebracht hat und die heute vermutlich noch mehr Gültigkeit besitzen als damals. Wir sprachen eine Weile darüber, was wir schon aus Büchern gelernt hatten… und kehrten zum Lernen zurück.
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Etwa ein Jahr ist seitdem jetzt vergangen. Ich weiß nicht, weshalb, aber aus irgendwelchen Gründen habe ich mich plötzlich wieder an das Buch erinnert. Aaaalso fragte ich meine Mitbewohnerin, ob ich mir „Die unendliche Geschichte“ mal ausleihen könne.
(An dieser Stelle: Bitte entschuldige den etwas steifen Konjunktiv. Ich bin gerade dabei, mir den für die Uni nochmal richtig zu erarbeiten – in dem festen Vorhaben, irgendwann nicht mehr über Konj. ja/nein oder 1/2 nachdenken zu müssen!)
Wieder redeten wir eine Weile darüber. Über ‚Das Buch in einem Buch‘ und die verschiedenen Farben, von denen ich noch nichts wusste. Und plötzlich fragte mich meine Mitbewohnerin: „Sag mal. Hast du das Buch etwa wirklich noch nicht gelesen?!“
Tja. Am nächsten Tag kam sie von ihrer Familie nach Hause und hielt mir ein Buch unter die Nase: „Ich glaube, du wirst Spaß haben!“, meinte sie.
Bastian Balthasar Bux‘ Geschichte
„Die unendliche Geschichte“ erzählt von einem Jungen namens Bastian Balthasar Bux – einer, der so ganz anders ist als all die Helden, denen wir in Büchern sonst so begegnen. Nicht nur, dass er mit seinen zehn oder elf Jahren (genauer definiert Ende das Alter nicht) wesentlich jünger ist, ist er auch noch dicklich, blass und hat x-Beine.
Ende zeichnet mit dieser Charakterisierung das Bild eines Kindes, das gut daran tun würde, sich draußen zu bewegen und mit Kindern seines Alters zu spielen. Allerdings ist er dafür zu anders und in seiner Andersartigkeit so unsicher, dass er für seine Klassenkameraden das Ideale Opfer darstellt:
Zu Anfang der Geschichte verfolgen sie ihn im strömenden Regen, jagen ihn durch die Gassen… bis er sich schließlich in ein Antiquitätengeschäft rettet.
Hier muss ich das erste Mal über die Gewitztheit der Figuren schmunzeln, als Herr Koreander – der Ladenbesitzer – rumbruddelt: „Wundern Sie sich drinnen oder draußen, aber machen Sie die Tür zu. Es zieht.“
Herr Koreander und Bastian beginnen eine Unterhaltung, die immer wieder dadurch gestört wird, dass Herr Koreander Bastian gar nicht richtig zuzuhören scheint, so vertieft ist er in sein Buch. Als ihr Gespräch dann auch noch von einem Anruf unterbrochen wird, bleibt Bastian allein im Geschäft zurück… und kann sich nicht gegen die Anziehungskraft des Buches wehren.
Er stiehlt es – und flüchtet zurück in den Regen.
Irgendwie findet er zur Schule, doch der Unterricht hat längst begonnen. Aus Angst vor seiner Klasse und vor der Reaktion seines Vaters, nistet Bastian sich auf dem Dachboden der Schule ein und beginnt zu lesen.
Das Buch im Buch

Bastians Geschichte ist nur die Einleitung zu einer Geschichte, die im „Buch innerhalb des Buches“ geschrieben steht: Die Geschehnisse in Phantásien mit unzähligen fremdartigen Völkern, Landschaften und Zufällen, die keine Zufälle sind.
Hier leben die Kindliche Kaiserin und die beiden Helden Artreju und Fuchur. Die Kindliche Kaiserin leidet an einer seltsamen Krankheit, die nur dann geheilt werden kann, wenn ein Menschenkind ihr einen neuen Namen gibt.
Artreju und Fuchur beginnen auf Bitten der Kindlichen Kaiserin, dieses Menschenkind zu suchen.
Bastian begleitet sie auf ihrer Reise – und taucht schließlich vollständig in die Geschichte ein, wird selbst Teil des Buches.
Was mich an dieses Buch gefesselt hat…
Zugegeben: Zwischendurch war ich soooooooo kurz davor, „Die unendliche Geschichte“ einfach zuzumachen und nie wieder anzufassen. Kurz nachdem Bastian in die Welt der Helden Artreju und Fuchur eintaucht, erhält er ein Amulett der Kindlichen Kaiserin, das ihn dazu befähigt, sich Dinge zu wünschen, die auf mysteriöse Weise wahr werden.
Dabei besteht er das ein oder andere Abenteuer – doch je mehr er sich wünscht, desto mehr verliert er sich selbst, bis er zu meinem persönlichen Inbegriff des Anti-Helden wird.
Spätestens an der Stelle, als er Artreju und Fuchur von sich stößt, war ich wirklich kurz davor, das Buch einfach zurückzugeben.
Was mich davon abhielt, waren zwei Dinge: Erstens mein Stolz, ein stilistisch so gutes Buch nicht unausgelesen zurückgeben zu wollen und zweitens meine Hoffnung, dass Bastian sich doch noch fangen und alles gut werden würde.
Altes Buch, moderne Themen
Vielleicht hast du ja das ein oder andere Buch von Michael Ende gelesen – ich hiermit zwei: – „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende. Ich verstehe total, weshalb Ende sich immer noch so großer Berühmtheit erfreut, obwohl er 1995 verstorben ist. Die Themen, die er beschreibt, sind von gesellschaftlich so hoher Relevanz, dass seine Bücher meiner Meinung nach unbedingt in die Schulliteratur aufgenommen werden sollten.
Er behandelt die Themen Selbstfindung, Selbstwert. Selbsterkenntnis. Die Gesellschaft und ihren Umgang mit Zeit und Geld, wie sie dabei die wirklich wichtigen Dinge vergisst und in eine Abwärtsspirale aus Stress und Unzufriedenheit steuert. Er schreibt über Umweltverschmutzung, scheut auch vor der Thematik Rassismus nicht zurück und macht das alles so geschickt, dass seine wirklich berühmten Bücher kaum über den Status „Kinderbuch“ hinauskommen..
Mir ist durchaus bewusst, dass Michael Ende durch verschiedene (Kinder-)Sendungen durchaus irgendwo in den Köpfen der Menschheit bleibt – zumindest habe ich als Kind sowohl „Momo“, „Jim Knopf“ als auch „Der Wunschpunsch“ im TV gesehen. Ich hoffe, dass diese Serien noch immer laufen, denn die darin enthaltenen Weisheiten sind einfach unfassbar wichtig!
Ganz klare Leseempfehlung!
Dieses Fazit kann ich guten Gewissens ziehen. Obwohl ich zwischendurch überhaupt nicht bei Bastian war und ihn am liebsten geschüttelt hätte, hat mich Michael Ende mit dem Schluss zu Tränen gerührt.
Deshalb plädiere ich trotz Kinderbuch-Status hiermit für folgendes: Wenn du bisher keines seiner Bücher gelesen hast oder das schon Jahre her ist – es lohnt sich, lohnt sich wirklich! Ich habe bei beiden Büchern so viel über mich selbst und die Menschen um mich herum gelernt, dass es unfassbar schade wäre, diesen begnadeten deutschen Autor in Vergessenheit geraten zu lassen!
Hast du schon einen Roman (oder eine der unzähligen Adaptionen?) gelesen? Was hat dich am meisten beeindruckt?